Abgerufen am 28.12.2021, 13:00 Uhr, Quelle: Koalitionsvertrag: Welche Maßnahmen sind für behinderte Menschen geplant? – Die Neue Norm
Vor knapp einem Monat unterzeichneten SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP den Koalitionsvertrag. Auf den Seiten der „Die Neue Norm“ nimmt sich Constantin Grosch das Papier der selbsternannten “Fortschrittsregierung” vor und untersucht, welche Besserungen für behinderte Menschen enthalten sind und ob diese wirklich Fortschritt bringen.
Neuerungen auf dem Arbeitsmarkt
Als eigenen Schwerpunkt benennt die neue Regierung auf Seite 78 des Vertrags “die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderungen.” Neben der bereits in der vergangenen Legislaturperiode vom alten und neuen Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) versprochenen Einführung einer neuen, vierten Stufe der Ausgleichsabgabe für Unternehmen, die überhaupt keine behinderten Arbeitnehmer*innen angestellt haben, sollen diese Gelder auch nur noch für die Integration auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwendet werden dürfen. Bisher können die Mittel der Ausgleichsabgabe auch für Leistungen in Werkstätten und anderen Sondereinrichtungen verwendet werden, was den Zweck der Abgabe ad absurdum führt.
Offen bleibt, ob Werkstattbeschäftigte zukünftig adäquat entlohnt werden. Zwar will die neue Bundesregierung weiter im Austausch zu diesem Thema bleiben und perspektivisch Maßnahmen umsetzen, die derzeit in einer Studie erarbeitet werden, konkret wird sie aber nicht. Dafür, dass die Bundesregierung den Bereich Arbeit als Schwerpunkt ihrer Inklusionspolitik ernannt hat, sind die handfesten Maßnahmen recht dünn.
Generell finden sich viele vage Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag: Man wolle dieses verbessern und sich für jenes einsetzen. Oft wird nicht erklärt, wie dies passieren soll, mit welchen Mitteln die Maßnahmen finanziert werden sollen oder was z.B. jeweils mit “Barrierefreiheit” gemeint ist.
Wohnungsmarkt und das Recht auf die eigenen vier Wände
400.000 Wohnungen pro Jahr sollen neu entstehen. 100.000 davon sollen staatlich gefördert werden und dabei soll auch auf Barrierefreiheit geachtet werden. Die Förderungen für (private) Umbauten von Wohnraum, wie die KfW-Förderungen sollen natürlich weiter fortgeführt werden. Das war allerdings auch so zu erwarten. Fraglich bleibt die Gesamthöhe des Fördertopfes, der im laufenden Jahr 2021 bereits im Juni aufgebraucht war und so viele Maßnahmen nicht mehr gefördert werden konnten. Nur indirekt finden sich weitere Maßnahmen zum Lebensbereich Wohnen:
- Die teils kritisch diskutierte Änderung durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG), nach dem Leistungsbezieher in besonderen Wohnformen unter dem Strich oft weniger Geld zur Verfügung steht, wurde immerhin von der Koalition erkannt. Man wolle dort die Regelbedarfsstufe 1 “prüfen”.
- Regelungen, die das Wunsch- und Wahlrecht im Zuge des BTHG von behinderten Menschen einschränken, sollen abgebaut werden.
Quelle: Koalitionsvertrag: Welche Maßnahmen sind für behinderte Menschen geplant? – Die Neue Norm